Cushing Syndrom beim Pferd

Das Equine Cushing Syndrom ist eine unheilbare Pferdekrankheit mit einer Vielzahl von Symptomen. Ein Pferd mit Cushing Syndrom bedarf einer lebenslangen Therapie.
Cushing Syndrom beim Pferd
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Beim Equinen Cushing Syndrom (ECS), auch Pituitary Pars Intermedia Dysfunction (PPID), Hyperadrenocortizismus oder einfach kurz Cushing genannt, handelt es sich um eine unheilbare Pferdekrankheit. Konkret ist ECS eine Störung im Hormonstoffwechsel des Pferdes, welche eine lebenslange Therapie erfordert. Meist sind Pferde ab circa 15 Jahren betroffen. Erfahren Sie hier, wie man ECS bei Pferden erkennen und behandeln kann.

Was sind Symptome von ECS?

Beim Equinen Cushing Syndrom kommen eine Vielzahl von unterschiedlichen Symptomen infrage, anhand derer man die Krankheit erkennen kann. Dazu gehören unter anderem:

  • langes, oft lockiges Fell, auch im Sommer (Hirsutismus)
  • Hufrehe
  • untypische Fettpolster, zum Beispiel über der Augenhöhle, Speckhals
  • starkes Schwitzen, auch ohne Belastung
  • Abmagerung
  • Muskelabbau
  • Abgeschlagenheit
  • schlechte Immunabwehr
  • verzögerte Wundheilung
  • Fruchtbarkeitsstörungen
  • vermehrte Wasseraufnahme mit vermehrtem Harnabsatz
  • Stammfettsucht (aufgetriebener Bauch)
  • Sehstörungen
  • vermehrte Bildung von Tränenflüssigkeit
  • Insulinresistenz
  • Hautprobleme
  • Die genannten Symptome können bei ECS einzeln oder in Kombination auftreten.

Formen des Cushing Syndroms

Es gibt drei verschiedene Formen des Cushing Syndroms:

  1. adrenaler / primärer Cushing (Störung der Nebennierenrinde)
  2. hypophysärer / sekundärer Cushing (Störung der Hirnanhangsdrüse), auch Morbus Cushing
  3. iatrogener / tertiärer Cushing (durch Medikamente ausgelöst)

Beim Pferd handelt es sich fast ausschliesslich um die hypophysäre Form des Cushing, also ein Problem in der Hirnanhangsdrüse, auch Hypophyse genannt.

Die genaue Ursache des Cushings ist noch nicht geklärt. Möglicherweise spielt das Alter des Pferdes hierbei eine Rolle. 

Cushing: Entstehung und Auslöser

Bei Pferden, die am Cushing Syndrom leiden, ist jedoch zu beobachten, dass die Dopaminausschüttung im Gehirn stark reduziert ist. Dopamin hat eine Kontrollfunktion über den mittleren Teil der Hirnanhangsdrüse. In diesem Teil der Drüse wird ACTH gebildet, auch adrenocorticotropes Hormon genannt. 

Wenn der „Kontrolleur“ Dopamin nicht mehr ausreichend gebildet wird, kommt es zu einer Überproduktion von ACTH und damit im Laufe der Zeit zu einer Vergrösserung der Hirnanhangsdrüse. 

Das ACTH regt wiederum die Nebennierenrinde stark an. Auch diese vergrössert sich und bildet vermehrt Glukokortikoide, wie zum Beispiel Kortisol. 

Was ist die Aufgabe von Kortisol beim Pferd?

Kortisol ist unter anderem dafür zuständig, den Blutzuckerspiegel zu erhöhen und die Energiereserven in Leber und Fettgewebe zu mobilisieren. Dieser Mechanismus ist für das Fluchttier Pferd lebenswichtig, um schnell Energie zur Verfügung zu haben. 

Ist genügend Kortisol in der Blutbahn, wird die Produktion normalerweise durch einen Rückkopplungsmechanismus gestoppt. Dieser Mechanismus ist jedoch bei Cushing-Pferden gestört. In der Folge können klassische Cushing-Symptome wie zum Beispiel Hufrehe ausgelöst werden.

Mit dem ACTH-Test zur Diagnose 

Der Tierarzt kann meist schon anhand typischer Anzeichen, wie zum Beispiel zu langem Fell oder immer wieder auftretender Hufrehe, eine Verdachtsdiagnose stellen. 

Gesichert werden kann die richtige Diagnose des Cushing Syndroms dann am einfachsten durch einen ACTH-Test. Dabei wird dem Pferd eine geringe Menge Blut abgenommen und im Labor der ACTH-Wert gemessen. 

Wichtig bei diesem Test ist, dass das Pferd zum Zeitpunkt der Blutabnahme möglichst stress- und schmerzfrei ist, um die Werte nicht zu verfälschen. Ausserdem muss man jahreszeitenbedingte Schwankungen des ACTH-Wertes im Blut beachten. Am besten eignen sich die Monate August bis Oktober, um den Test durchzuführen, da hier der Anstieg des ACTH-Wertes bei erkrankten Pferden deutlicher ist.

Alternative Tests

Eine andere Methode zur Diagnosestellung beim Equinen Cushing Syndrom ist die Durchführung eines Dexamethason-Suppressionstests. Dieser Test ist etwas aufwendiger als der ACTH-Test. Hier wird der Kortisolgehalt im Blut in bestimmten Zeitabständen vor und nach Gabe von Dexamethason (Kortison) gemessen.

Auch ein TRH-Stimulationstest ist möglich. Hierbei wird TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) verabreicht und anschliessend der Kortisolspiegel im Blut gemessen.

Steigt dieser stark an, kann man von einer Erkrankung am Cushing Syndrom ausgehen. Dieser Test ist vor allem bei rehegefährdeten Pferden sinnvoll, da hier – anders als beim Dexamethason-Suppressionstest – kein Kortison verabreicht wird. Denn die Gabe von Kortison kann ein bestehendes Cushing Syndrom unter Umständen noch verstärken beziehungsweise Hufrehe auslösen.

Kann man Cushing behandeln?

Das Cushing Syndrom ist bei Pferden nicht heilbar. Eine lebenslange Therapie ist erforderlich, um die Lebensqualität des betroffenen Pferdes zu verbessern beziehungsweise zu erhalten.

Sind bei einem Pferd verschiedene Symptome des Cushing Syndroms stark ausgeprägt oder sogar lebensbedrohlich (Rehe), ist eine medikamentöse Therapie notwendig. Das Mittel der Wahl ist hier Pergolid-Mesilat (Prascend®), ein Dopamin-Agonist. Das Medikament hemmt die ACTH-Produktion in der Hirnanhangsdrüse.

Das Pergolid wird dem am Cushing Syndrom erkrankten Pferd als Tablette – am besten zusammen mit etwas Futter – verabreicht. Nicht alle Pferde vertragen die Tabletten gut, daher ist es wichtig, mit einer sehr niedrigen Dosis zu beginnen und diese nur langsam zu steigern. Die Wirkung der Tabletten setzt nach circa vier bis sechs Wochen ein.

Während der Therapie sollte der ACTH-Wert im Blut regelmässig durch den behandelnden Tierarzt überprüft werden, um das von ECS betroffene Pferd richtig einstellen zu können.

Unterstützende Massnahmen bei der Behandlung

Als alternatives Präparat hat sich Mönchspfeffer bewährt. Mönchspfeffer wirkt ausgleichend auf das Hormonsystem und kann unterstützend zu den Pergolid-Tabletten, oder – bei einigen nicht so stark ausgeprägten Krankheitsfällen – auch als Einzelmittel gegeben werden.

Auch Akupunktur und Homöopathie können bei ECS helfen und das Wohlbefinden des erkrankten Pferdes positiv beeinflussen.

Bei der homöopathischen Behandlung nimmt man als Basismittel gerne Coenzym und Ubichinon zur Anregung des Zellstoffwechsels. Bei übergewichtigen Pferden kombiniert man dazu Hypophysis suis-Injeel, bei zu dünnen Pferden Glandula suprarenalis-Injeel. 

Es wird unbedingt empfohlen, auch in Bezug auf die Alternativ-Behandlungen einen erfahrenen Tierarzt oder Tierheilpraktiker hinzuzuziehen, da die ECS-Therapie ganz individuell auf das Pferd und dessen Symptomatik abgestimmt werden muss, um richtig wirken zu können.

Gutes Management entscheidend

Es ist sehr wichtig, nicht nur die Krankheit selbst, sondern auch die Begleitsymptome zu behandeln, um dem Pferd Erleichterung zu verschaffen. Auch bei gut eingestellten Pferden können noch ECS-Symptome auftreten. Daher bieten sich folgende Massnahmen – gegebenenfalls begleitend zur medikamentösen Therapie – an:

  • Scheren des Fells, vor allem im Sommer
  • regelmässige Kontrolle der Hufe durch einen Schmied (eventuell ist ein spezieller Rehebeschlag notwendig)
  • wenn erforderlich Schmerztherapie
  • Stressvermeidung
  • Fütterung anpassen: das Pferd am besten rohfaser- und strukturreich sowie kohlenhydratarm füttern
  • Mineralstoffe: gerade bei Cushing-Pferde sehr wichtig, um den Stoffwechsel zu unterstützen (zum Beispiel Zink, Chrom, Mangan, Selen, Vitamin E, C, B-Vitamine)
  • ausreichend Bewegung: vor allem bei Pferden mit Fetteinlagerungen notwendig, um den Stoffwechsel zu aktivieren (nur bei schmerzfreien Pferden) 

Einsetzbarkeit und Lebenserwartung

Cushing-Pferde sollten geritten werden, sofern sie körperlich fit sind und nicht an Hufrehe oder anderen Symptomen der Erkrankung leiden, welche dies unmöglich machen. Das Reiten hält den Stoffwechsel in Schwung und unterstützt so die Therapie.

Die Lebenserwartung ist durch die Erkrankung nicht automatisch wesentlich herabgesetzt. Entscheidend ist es aber, ECS so schnell wie möglich zu erkennen und zu therapieren, da ansonsten die Begleitsymptome, insbesondere eine wiederholt auftretende Hufrehe, sogar soweit führen können, dass das Einschläfern des betroffenen Pferdes nötig ist.

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Kosten der ECS-Behandlung

Setzt man Pergolidtabletten (Prascend®) als Therapie ein, so muss man, je nach Dosierung der Tabletten, mit einem Preis von circa ein bis zwei Euro pro Tag rechnen. Hinzu kommen die Tierarztkosten für die Diagnose und die weitere Therapie. Kurzum: Die Behandlung eines Cushing Syndroms beim Pferd ist mit erheblichen Kosten verbunden.

- Autor: Lena-Geraldine Seifert