Kastration bei der Hündin: Vorteile, Nachteile & Zeitpunkt

Die Kastration ist eine der häufigsten Operationen bei Hündinnen. Dennoch herrscht oft Unklarheit über Vor- und Nachteile sowie den richtigen Zeitpunkt der OP.
Kastration bei der Hündin
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Die Kastration ist einer der häufigsten Operationen bei Hündinnen. Viele Hundebesitzer sind unsicher, ob sie ihre Hündin kastrieren lassen sollen, da die Aussagen über Vor- und Nachteile oft widersprüchlich sind. Dies liegt zum Teil daran, dass vor einigen Jahren die Datenlage noch keine genauen Erkenntnisse erlaubt hat. Im folgenden Artikel informieren wir Sie über den aktuellen Stand der Wissenschaft. Ausserdem informieren wir Sie über den richtigen Zeitpunkt, den Ablauf und die Folgen einer Kastration bei Hündinnen.

Was für Techniken der Kastration gibt es?

Eine Kastration dient in erster Linie dazu, dass sich eine Hündin nicht mehr fortpflanzen kann. Aber der Eingriff hat auch weitere Auswirkungen: Die Läufigkeit mit allen Begleiterscheinungen, wie Blutungen und Unruhe sowie Scheinschwangerschaft, bleiben nach einer Kastration aus. Ausserdem werden Tumore der Geschlechtsorgane verhindert.

Umgangssprachlich wird der Begriff Kastration für verschiedene Eingriffe verwendet, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen. Die Kastration einer Hündin erfolgt immer chirurgisch. Eine chemische Kastration existiert im Gegensatz zu einer chemischen Sterilisation nicht. 

Nach Eröffnung der Bauchhöhle können entweder nur die Eierstöcke entfernt werden oder die Eierstöcke werden zusammen mit der Gebärmutter entfernt. Im ersten Fall spricht man von einer Ovariektomie im letzteren von einer Ovariohysterektomie.

Beide Operationen sind bei Hündinnen auch minimalinvasiv durch ein Endoskop durchführbar – dann spricht man von einem laparoskopischen Eingriff. Die Operationsinstrumente werden dabei durch sehr kleine Schnitte in die Bauchhöhle eingeführt. Dadurch entstehen einerseits weniger Gewebeschäden und weniger Schmerzen, andererseits ist die Operation technisch anspruchsvoller und teurer. 

Was kostet die Kastration einer Hündin?

Der Preis einer Kastration ist sehr unterschiedlich und abhängig von der Art der Operation, der verwendeten Narkose und ob ein stationärer Aufenthalt beim Tierarzt nötig ist. Die Kosten beginnen bei 250 Euro, können aber um ein Vielfaches höher liegen.

Unabhängig davon, ob eine klassische Operation oder ein laparoskopischer Eingriff erfolgt, ist bei gesunden Hündinnen die Ovariektomie zu bevorzugen, da hier weniger Gewebe geschädigt wird. Eine Übersichtsstudie von van Goethem et al. aus dem Jahr 2006 bestätigte, dass eine Ovariohysterektomie nur bei einer erkrankten Gebärmutter durchgeführt werden sollte.

Kastrieren oder sterilisieren?

Anders als die Kastration erfolgt eine chemische Sterilisation der Hündin ohne einen operativen Eingriff. Bei der chemischen Sterilisation kommen sogenannte GnRH-Depotanaloga oder Depotgestagenen, unter anderem als Kastrationschip bekannt, zum Einsatz. Hierbei werden über einen sogenannten Chip hormonähnliche Stoffe abgegeben. Der Chip löst sich nach drei bis sechs Monaten auf und muss dann erneuert werden, um auch weiterhin eine Läufigkeit der Hündin zu verhindern. 

Vor der Injektion des Chips unter die Haut muss durch einen Tierarzt der genaue Zyklusstand der Hündin bestimmt werden, da die Substanzen nur zu bestimmten Zeitpunkten gegeben werden dürfen.

Eine chemische Sterilisation kann angewendet werden, wenn mit der Hündin in Zukunft noch gezüchtet werden soll oder wenn kein chirurgischer Eingriff gewünscht ist. Eine Hündin langfristig chemisch zu sterilisieren, verursacht deutlich höhere Kosten als bei einer chirurgischen Kastration. Eventuell auftretende Nebenwirkungen sind jedoch auf die wenigen Monate begrenzt, in denen der Chip wirkt.

Die Sterilisation nur durch Abbinden der Eierstöcke unter Belassen der Eierstöcke zieht bei Hündinnen sehr häufig schwere Konsequenzen, wie Zystenbildung oder Entzündungen, nach sich und sollte daher nicht angewendet werden.

Sollte man eine Hündin kastrieren lassen?

Wer über das Kastrieren oder Sterilisieren seiner Hündin nachdenkt, sollte Pro und Contra des Eingriffs sowie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Techniken genau abwägen. Eine Kastration geht im Gegensatz zu einer chemischen Sterilisation für die Hündin immer mit einem chirurgischen Eingriff und dem damit verbundenen Operations- und Narkoserisiko einher. 

Auch die Dauer des Eingriffs spielt hierbei eine Rolle. Die Dauer einer Kastration ist je nach angewendeter Technik unterschiedlich, liegt aber immer unter 60 Minuten.

Die meisten Kastrationen bei Hündinnen werden durchgeführt, um eine Tumorbildung zu verhindern – etwa in den Eierstöcken, der Gebärmutter, der Vagina oder der Milchleiste. Sowohl die Ovariektomie als auch die Ovariohysterektomie verhindern Tumore der Eierstöcke und der Gebärmutter sowie der Vagina, jedoch nicht der Milchleiste.

Ausserdem bleiben bei der kastrierten Hündin die während der Läufigkeit typischerweise auftretenden Verhaltensänderungen aus. So ist zum Beispiel die Folge, dass die Hündin ruhiger wird oder keine Blutungen mehr hat. Nach einer Kastration ist zudem eine Fortpflanzung der Hündin nicht mehr möglich.

Mögliche Tumore der Milchleiste

In der Vergangenheit hat sich die Meinung gefestigt, dass die gefürchteten Tumore der Milchleiste durch das Ausbleiben von Hormonen des Eierstocks nach einer Kastration ebenfalls verhindert würden. Es gibt mehrere alte Studien, die belegen, dass eine Kastration der Hündin vor der ersten Läufigkeit das Risiko der Bildung eines Milchleistentumors signifikant senkt. 

Eine neue, grossangelegte Übersichtsstudie aus 2012 von Beauveais et al. relativiert diese Aussage jedoch. So konnten nur schwache Hinweise dafür gefunden werden, dass eine Kastration wirklich Tumore der Milchleiste verhindert, und zwar unabhängig davon, wann die Kastration bei der Hündin durchgeführt wurde.

Dennoch ist es ein klarer Vorteil der Kastration, nicht nur Tumore des unteren weiblichen Geschlechtsapparates bei Hündinnen zu verhindern, sondern auch potenziell lebensbedrohlichen Erkrankungen, wie der Gebärmutterentzündung, vorzubeugen. Diese Vorteile überwiegen das geringe Narkoserisiko deutlich.

Folgen und Nebenwirkungen einer Kastration

Nichtsdestotrotz gibt es nach der Kastration von Hündinnen auch Nebenwirkungen, die beachtet werden müssen. Dazu können zählen:

  • Harninkontinenz
  • Verhaltens- oder Wesensveränderungen
  • Übergewicht infolge vermehrter Fresslust
  • Hüftprobleme und Kreuzbandrisse

Eine häufig befürchtete Nebenwirkung einer Kastration ist die Harninkontinenz oder das Harnträufeln. Eine zweite Studie aus dem Jahr 2012 von Beauvais et al. konnte jedoch zeigen, dass es nur einen schwachen Zusammenhang zwischen der Kastration einer Hündin und dem Auftreten von Harnträufeln oder Inkontinenz besteht. Sollte die Harninkontinenz dennoch auftreten, können Östrogenpräparate gegeben werden, die eine hohe Wirksamkeit haben.

Verhaltensänderungen oder Wesensveränderungen können als Nebenwirkung einer Kastration bei der Hündin auftreten. Das häufigste Beispiel ist eine vermehrte Fresslust mit gesteigerter Futterverwertung, die zu Übergewicht führen kann. Diese Nebenwirkung einer Kastration kann durch gutes Futtermanagement leicht behoben werden. Bei kastrierten Hündinnen sollte das Futter genau portioniert werden. Ihr Tierarzt kann Sie hier bezüglich spezieller Futtermittel und der richtigen Menge beraten.

Häufig werden eine erhöhte Zahl an Kreuzbandrissen und Hüftproblemen bei kastrierten Hündinnen angeführt. Diese Probleme gehen wahrscheinlich auf ein Übergewicht zurück und lassen sich somit leicht umgehen.

Insgesamt betrachtet überwiegen die Vorteile gegenüber den Nachteilen einer Kastration. Somit ist eine Kastration aus tierärztlicher Sicht für Hündinnen zu empfehlen.

Wann sollte eine Hündin am besten kastriert werden?

Viele Besitzer fragen sich, wann man seine Hündin kastrieren lassen sollte, um ihr möglichst keine oder nur wenige Nebenwirkungen zuzumuten. Besonders strittig ist, ob eine Hündin vor oder nach der ersten Läufigkeit kastriert werden sollte.

Verschiedene Studien kommen diesbezüglich zu unterschiedlichen Ergebnissen. Empfohlen wird aber eine Kastration mit zwölf Monaten, solange die Hündin in dieser Zeit nicht läufig ist.

Vorbereitung der Kastration

Wenn Sie einen Termin zur Kastration mit Ihrem Tierarzt vereinbart haben, darf die Hündin am Vortag der OP ab 18 Uhr nicht mehr gefüttert werden. Dies gilt unabhängig davon, wann die Operation am nächsten Tag ist. Wasser kann bis einige Stunden vor der OP gegeben werden, wenn die Hündin dies möchte. 

Der Tierarzt wird am Tag der OP zuerst eine Eingangsuntersuchung durchführen, um sicherzustellen, dann die Hündin gesund und bereit für eine Narkose ist. Ausserdem wird erneut überprüft, dass die Hündin nicht läufig ist.

Ablauf der Kastration

Wenn die Narkose verabreicht wird, können Sie bei den meisten Tierärzten dabeibleiben. Schläft die Hündin, wird sie für die OP vorbereitet, während Sie nach Hause gehen können. Der Bauch der Hündin wird sorgfältig rasiert, gewaschen und desinfiziert, sodass während der OP keine Haare oder Keime in die Bauchhöhle eindringen können.

Anschliessend erfolgt im sterilen Operationssaal eine chirurgische oder laparoskopische Kastration.

Nach einer Aufwachphase, in der die Hündin durch den Tierarzt überwacht ist, wird man Sie anrufen und Sie können Ihre Hündin abholen. Manche Hündinnen schlafen länger nach als andere. Dies ist jedoch kein Zeichen dafür, dass sie die Narkose schlecht vertragen haben. Seien Sie also nicht besorgt, wenn Sie Ihre Hündin auch nach mehreren Stunden noch nicht abholen dürfen.

Die Nachsorge einer Kastration

Unabhängig davon, ob eine Kastration chirurgisch oder laparoskopisch durchgeführt wurde, muss die Hündin nach der Operation geschont werden. 

Die ersten Tage nach der OP sollte sie nur kurz rausgehen, damit sie sich erleichtern kann. Erst danach kann man – an die Leistungsfähigkeit der Hündin angepasst – die Strecke langsam wieder steigern. 

Halskragen hilft bei Heilungsprozess der OP-Narbe

Zudem muss die frisch kastrierte Hündin einen Halskragen oder einen Body tragen bis die Fäden gezogen wurden, damit sie nicht an den Wunden lecken oder sich sogar die Fäden ziehen kann. Wird dies nicht verhindert, kann es zu schweren Entzündungen der Wunde kommen, die eventuell eine erneute Operation nötig machen. 

Wie lang die Halskrause sein sollte, richtet sich nach der Grösse der Hündin. Ihr Tierarzt hat verschiedene Grössen vorrätig und wird Ihnen die richtige Grösse mitgeben. Ausserdem bekommt Ihre Hündin für die ersten Tage nach der OP ein Schmerzmittel mit.

3 spezielle Tipps zur Nachsorge

Beachten Sie folgende Tipps zur Nachsorge einer Kastration bei Hündinnen:

  1. Ist es draussen nass, muss darauf geachtet werden, dass die Wunde nicht nass und schmutzig wird. Eventuell vorhandene Pflaster sollten Sie lieber nach jedem Spaziergang austauschen, besonders wenn im Winter mit Salz gestreut wurde.
  2. Sehr aktive Hündinnen müssen die ersten Tage nach der OP eventuell gebremst werden. Es hilft, diese Hündinnen mit Denkaufgaben zu beschäftigen, die sie geistig auslasten. So fällt das Stillhalten zwecks Schonung nicht mehr schwer.
  3. Futter darf die Hündin schon am Abend der OP haben, allerdings nur in kleinen Mengen. Wasser darf sie nach Belieben trinken.

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Probleme im Nachgang einer Kastration

Sollten in den Tagen nach der Operation Nachblutungen oder Veränderungen, wie starke Wärmebildung und Rötungen oder sogar Eiter, an der Wunde auftreten, kontaktieren Sie umgehend Ihren Tierarzt.

Die Heilungsdauer beträgt im Normalfall nur wenige Wochen. Nach Ausheilung der Wunde bleiben besonders bei der laparoskopischen Operation nur kleine Narben zurück.

- Autor: Karim Montasser